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Arbeitsrecht der Kirchen

Jüngst hat das Bundesarbeitsgericht erneut entschieden, dass die Wiederheirat eines Chefarztes nicht gegen die Loyalitätspflichten eines Arbeitnehmers verstößt. Doch wie ist es möglich, dass der kirchliche Arbeitgeber festlegen kann, welche Konfession die Arbeitnehmer vorweisen müssen oder dass diese nicht erneut heiraten dürfen.

1. Allgemeines

Rund 1,3 Millionen Arbeitnehmer arbeiten bei kirchlichen Arbeitgebern. Artikel 140 GG bestimmt dabei, dass die Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung) Bestandteil des Grundgesetzes sind. Historisch ergibt sich diese Regelung insbesondere aus dem Grundsatze der Trennung zwischen Staat und Kirche.

Dies bedeutet vor allem, dass sich das kirchliche Arbeitsrecht in vielerlei Hinsicht von den von sonstigen Arbeitnehmern geltenden Bestimmungen unterscheidet.

a) Loyalitätspflichten
Von den Arbeitnehmern werden bestimmte Glaubens- und Moralvorstellungen erwartet. Bei Verstoß gegen diese Pflichten drohen den jeweiligen Arbeitnehmern schwerwiegende Sanktionen, bis hin zur Kündigung.

Diese Pflichten werden von den Kirchen eigenständig festgelegt und dabei zum Bestandteil des Arbeitsvertrages.

Solche Pflichtverletzungen können sein:
-> Verstoß gegen das Sakrament der Ehe
-> gelebte Homosexualität in Form der Eingehung einer eingetragener Lebenspartnerschaft (insbesondere in Einrichtungen der römisch-katholischen Kirche)

Diese Pflichtverletzungen müssen aber auch im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit stehen, so dass diese zu einer Kündigung führen können. Warum das so wichtig ist, erläutern wir Ihnen im Punkt 2.

b) Mitarbeitervertretung
Anstatt eines Betriebs- oder Personalrates, bestehen bei den kirchlichen Einrichtungen Mitarbeitervertretungen.

Wo Betriebsrat/Personalrat die Rechte der Arbeitnehmer „gegen“ den Arbeitgeber stärken, gilt hier das Prinzip des Miteinanders (gemeinschaftliche Regelung der Arbeitsbedingungen), so dass die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitervertretung „schwächer“ sind, als die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates.

c) Ausgestaltung der Rechte und Pflichten
Die grundlegenden Arbeitsbedingungen und Löhne werden nicht durch Tarifverträge oder einseitig durch den Arbeitgeber festgelegt, sondern durch Arbeitsrechtliche Kommissionen, welche paritätisch besetzt sind.  

Diese Kommissionen beschließen die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR). Der größte Unterscheid zwischen Tarifverträgen und Arbeitsvertragsrichtlinien besteht darin, dass die Mitarbeiter der kirchlichen Tendenzbetriebe nicht streiken dürfen. Aber auch dahingehend werden diejenigen Stimmen größer, welche – insbesondere aufgrund geltender europarechtlicher Vorschriften – ein solches Streikrecht befürworten.

d) Betriebsverfassungsgesetz/Personalvertretungsgesetz
Nach § 118 Abs. 2 BetrVG und § 112 BPersVG finden beide Vorschriften in kirchlichen Einrichtungen keine Anwendung.

2. Der vorliegende Fall

Der Kläger war katholischer Chefarzt bei einem kirchlichen Träger (Krankenhaus) und lies sich von seiner ersten Frau scheiden. Da er eine neue Partnerin kennengelernt hat, heiratete der Arbeitnehmer erneut standesamtlich, wobei diesem daraufhin im Jahre 2009 vom Arbeitgeber gekündigt wurde.

Der Arbeitgeber berief sich dabei auf einen Verstoß des Angestellten gegen die Loyalitätspflichten durch die Wiederheirat, denn nach den Glaubenssätzen der Kirche gilt eine Wiederheirat als ungültige Ehe. Die rechtliche Scheidung von der ersten Frau wird grundsätzlich nicht von der Kirche akzeptiert, so dass der Arbeitnehmer „in den Augen der Kirche“ noch mit seiner ersten Frau verheiratet war und sodann die zweite Frau nicht heiraten durfte.

Im Jahre 2011 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass eine solche Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Denn zwar kann eine solche Wiederheirat eine Kündigung im Grundsatz rechtfertigen, aber eine Interessenabwägung ist dabei unumgänglich. Dies bedeutet, dass diese Wiederheirat eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen muss. Im vorliegenden Fall wurde dies verneint.

Da der Arbeitgeber die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Jahre 2011 nicht akzeptierte, legte das katholische Krankenhaus Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass – entgegen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts – die Kündigung gerechtfertigt sei und begründete dies unter Verweis auf die nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfung von Loyalitätsobliegenheiten in kirchlichen Arbeitsverhältnissen durch staatliche Gerichte.

Daraufhin legte das Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 28.7.2016 zum Az. 2 AZR 746/14 (A) folgende wichtigen Vorlagefragen vor:

(...)1. Ist Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL2000/78/EG) dahin auszulegen, dass die Kirche für eine Organisation wie die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits verbindlich bestimmen kann, bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern zu unterscheiden, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören?

2. Sofern die erste Frage verneint wird:
a) Muss die Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 9 Abs. 2 AGG, wonach eine solche Ungleichbehandlung aufgrund der Konfessionszugehörigkeit der Arbeitnehmer entsprechend dem jeweiligen Selbstverständnis der Kirche gerechtfertigt ist, im vorliegenden Rechtsstreit unangewendet bleiben?

b) Welche Anforderungen gelten gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der RL 2000/78/EG für ein an die Arbeitnehmer einer Kirche oder einer der dort genannten anderen Organisationen gerichtetes Verlangen nach einem loyalen und aufrichtigen Verhalten im Sinne des Ethos der Organisation?(...)



Zusammengefasst kann man diese Fragen so erklären:
-> Welche Anforderungen gelten für loyales und aufrichtiges Verhalten von im Kirchendienst beschäftigten Arbeitnehmern und ist das letztendlich mit europäischem Recht vereinbar?
-> Darf dabei zwischen kirchlichen Arbeitnehmern und nicht kirchlichen Arbeitnehmern unterschieden werden und ist dabei eine Diskriminierung überhaupt erlaubt?

Der Europäische Gerichtshof entschied am 11.09.2018, dass die Kündigung des Chefarztes aufgrund einer Wiederheirat eine verbotene Diskriminierung darstellen kann. Dabei legte er EuGH fest, dass es den staatlichen Gerichten sehr wohl „erlaubt“ ist die Festlegungen der kirchlichen Arbeitgeber gerichtlich zu kontrollieren.

Zu prüfen ist dabei vor allem, ob die Religion im Hinblick auf die Art der betreffenden Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle.

Am 20.02.2019 entschieden so dann die Richter am Bundesarbeitsgericht aufgrund der Vorgaben des EuGHs erneut im Sinne des Arbeitnehmers und entgegen der Rechtsansicht des Bundesverfassungsgerichts.

Denn für die Ausübung der Tätigkeit als Chefarzt oder Arzt kommt es insbesondere auf die medizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten an und nicht auf die Tatsache, dass dieser erneut geheiratet hat.

Fazit:
Es bleibt abzuwarten, ob es bei dieser Entscheidung bleibt, denn die Kirchen könnten erneut das Bundesverfassungsgericht anrufen. Dabei bleibt es auch abzuwarten, ob die Verfassungsrichter dem Bundesrecht Vorrang vor dem Unionsrecht geben. Grundsätzlich geht das Unionsrecht dem Bundesrecht vor, dies gilt aber nur solange das Unionsrecht einen dem deutschen Niveau vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleiste.

Sofern Sie bei einem kirchlichen Arbeitgeber arbeiten gelten für Sie besondere Bestimmungen. Dies bedeutet aber nicht, dass kirchliche Arbeitgeber Narrenfreiheit haben, wie Sie bereits anhand dieses Beispiels gesehen haben. Sofern Sie aufgrund der Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, so werden Sie bei uns Mitglied und lassen Sie sich von unseren Rechts- und Fachanwälten für Arbeitsrecht beraten.


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